Bayern und Pfalz Gott erhalts vom Künstler Armin Hott

Bayern und Pfalz


Verfasst von Herrn Arnold Frey, Studiendirektor i. R.

Mehr als 130 Jahre verbinden Bayern und Pfalz

Meine historischen Familienbande zwischen Bayern und Pfalz

Zwei Tatsachen sind es, die mich veranlassen, über die 130-jährige Zugehörigkeit der Pfalz zu Bayern nachzudenken. Zum einen: In der vom Edesheimer Standesbeamten ausgestellten Heiratsurkunde meiner Eltern ist vermerkt, dass mein in Ingenheim geborener Vater die Staatsangehörigkeit in Bayern besitzt. Die Staatsangehörigkeit seiner eben angetrauten Ehefrau wird nicht beurkundet, sie war wohl ohne Belang.

Zum anderen: Nach meiner Überzeugung  wurden mein Großvater Heinrich Kuhn 1881 und meine Großmutter Antonia geborene Schreiner 1882 – wie sicher noch mehr Edesheimer Täuflinge – vom damaligen Kaplan Jacob Isbert getauft. Taufen gehörten zum Arbeitsbereich der Kapläne. Isbert wurde während des Bismarckschen Kulturkampfes als Trierer Priester aus Preußen ausgewiesen und fand in Edesheim, im bayerischen „Ausland“, Unterkunft und Auskommen.

Das Deidesheimer Weingut - Reichsrat von BuhlErinnerungen an bayerische Zeiten: das Deidesheimer Weingut

Den jüngeren Pfälzern ist die einstige Verbindung der Pfalz mit Bayern sicher nicht mehr gegenwärtig. Nur die wenigsten wissen wohl, dass das Deidesheimer Weingut „Reichsrat von Buhl“ seinen Namen der Tatsache verdankt, dass dessen ehemaliger Inhaber Franz Eberhard Ritter von Buhl (1867-1921)  Mitglied des Reichsrats des Königreichs Bayern, gewissermaßen des bayerischen Oberhauses, war.

Die Trennung von Bayern und Pfalz 1946

Ich glaube auch behaupten zu können, dass den meisten Bayern die einstige Verbindung zur Pfalz heute gar nicht mehr bewusst ist. 1946 wurde durch die französische Besatzungsmacht aus dem bayerischen Regierungsbezirk Pfalz zusammen mit einst preußischen und hessischen Gebietsteilen das Land Rheinland-Pfalz geschaffen. Die Pfalz war damit für Bayern verloren, was durch ein Volksbegehren im Jahre 1956  bestätigt wurde, an dem sich nur 7,6 % der stimmberechtigten Pfälzer für die Zugehörigkeit zu  Bayern aussprachen. 10 % wären nötig gewesen, um die Vorstufe zu einem Volksentscheid zu erreichen.

Erfreulicherweise blieben einige Relikte zur Erinnerung an die bayerische Zeit erhalten: Der Bund der Pfalzfreunde in Bayern, traditionsgemäß unter dem Vorsitz der jeweiligen Präsidenten des Bayerischen Landtags, setzte sich ursprünglich für die Wiedervereinigung von Bayern und Pfalz ein und pflegt weiterhin die historisch gewachsenen Beziehungen zur Pfalz.

Der Landesverband der Pfälzer in Bayern führt die Pfälzer Residenz Weinstube in München und unterhält aus deren Erträgen die gemeinnützige Bayern-Pfalz-Stiftung, die u.a. Einser-Abiturienten aus der Pfalz die Möglichkeit verschafft, von der bayerischen Studienstiftung Maximilianeum gefördert zu werden.

Im 18.ten Jahrhundert fanden sich Bayern und Pfalz

Wie kam nun die Pfalz an Bayern? Auch dabei war Frankreich, wenn auch indirekt, beteiligt. Hauptgrund waren die bayerisch-österreichischen Verstimmungen im Gefolge des Wiener Kongresses 1814/15. Es ging um das ehemalige bis 1805 unabhängige Fürstentum Salzburg, das seit 1810 bayerisch war. König Max I Josef von BayernDer österreichische Kaiser Franz I. hatte es sich in den Kopf gesetzt, Salzburg zu erwerben (und damit Mozart nachträglich zum Österreicher zu erklären), der bayerische König, Max I. Josef wollte es aus verständlichen Gründen nicht hergeben.

Nach langem Hin und Her kam man auf die Idee, dem Max Josef das nicht vom Königreich Preußen oder dem Großherzogtum Hessen beanspruchte Land links des Rheins anzubieten. Dieses seit 1798 de facto, nach 1801 de jure zu Frankreich gehörende Gebiet lag nach der Schlacht bei Waterloo (18. Juni 1815) als Napoleonische Konkursmasse herrenlos da. Max Josef gefiel dieses Angebot überhaupt nicht, obwohl er als früherer Pfalz-Zweibrücker Herzog aus der Dynastie der Wittelsbacher Heimatgefühle hätte entwickeln müssen.

Die Legende der Wiedervereinigung von Bayern und Pfalz

1789 standen nämlich im Gebiet des späteren Regierungsbezirks Pfalz 361 Orte unter Wittelsbacher Herrschaft. Die Untertanen von mehr als drei Dutzend weiterer Herrschaftsgebiete (z.B. Hochstift Speyer, Fürst von Leiningen-Hardenburg, Graf von der Leyen, Graf zu Sickingen) lebten in insgesamt 319 Orten. Es ist also eine Legende vom Erwerb der Pfalz am 1. Mai 1816 als von der „Wiedervereinigung“  von Bayern und Pfalz zu sprechen.

Was sollte der König mit einem vom Mutterland getrennten Gebiet jenseits des Rheins, wo doch Salzburg so nahe lag? Wenn schon, dann wollte er eine Landbrücke durch Baden, die ehemals rechtsrheinischen kurpfälzischen Gebiete. Diese Landbrücke hat man ihm dann auch versprochen – für den Fall, dass das badische Herrscherhaus aussterben sollte. Das Versprechen wurde nie eingelöst, dafür zahlte Österreich bis zum Ende des Ersten Weltkriegs an Bayern eine sogenannte Kontinguitätsentschädigung von jährlich 100 000 Gulden. So ging es schließlich nach dem Motto: „Jetz gib a Rua, b’halts“  – daher Pfalz! Tatsächlich wurde der bayerische „Rheinkreis“ erst ab 1838 „Pfalz“ genannt.

Französische Einflüsse in der Pfalz

Der erste Regierungspräsident, Freiherr von Zwackh, hat sofort nach seinem Amtsantritt den misstrauischen Pfälzern versprochen, dass Bayern keineswegs die in der französischen Zeit abgeschafften Feudalrechte und den Zehnten wieder einführen wolle und dass auch das damals erworbene Eigentum an Grund und Boden aus kirchlichem und adeligem Besitz nicht angetastet werden soll.

Zwackh soll auf Grund seines Namens – bayerisch mit dunklem „a“ gesprochen – Anlass gewesen sein, dass die bayerischen Beamten in der Pfalz, später dann alle Bayern, den Spitznamen „Zwoggl“ erhielten. Eines muss man den Bayern lassen: Sie ließen den Pfälzern die aus ihrer französischen Zeit überlieferten und von der französischen Revolution geprägten „Rheinischen Institutionen“: Unabhängige Gerichte und das französische Zivilrecht, das in der Pfalz bis zur Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Jahre 1900 galt.

Während Bayern bis 1869 noch in Schuh, Elle und Klafter – und das je nach Gegend in jeweils unterschiedlichen Maßen – rechnete, galt in der Pfalz als einzigem Gebiet im Deutschen Bund das beibehaltene französische System mit Meter, Kilogramm und Liter.

Dementsprechend traten die pfälzischen Abgeordneten im bayerischen Landtag sehr selbstbewusst auf, was ihnen den Ruf als „Unruhestifter“ einbrachte, und den Spruch:

„Die Pfälzer leben nach ihren französischen Gesetzen und hängen daran mit deutscher Treue.“

Bayerisch Sibirien und das Bier oder Wein Dilemma – was sich liebt das neckt sich

Andererseits hat Bayern eine planmäßige „Volkstumspolitik“ betrieben: Pfälzische Beamte wurden nach Bayern versetzt und umgekehrt. Nicht alle waren davon begeistert – die Pfälzer nicht, wenn sie statt an den Tegernsee ins nördliche Oberfranken, nach „bayerisch Sibirien“, mussten und die Bayern nicht, in deren Kreisen folgender Spruch die Runde machte:

„Wenn Gott will einen Mann bestrafen, dann schickt er ihn nach Ludwigshafen.
Bestraft er ihn ein zweites Mal, dann schickt er ihn nach Frankenthal.
Bestraft er ihn in Permanenz, dann schickt er ihn nach Pirmasens.
Und wen er ganz vergessen hat, den schickt er in die Kreishauptstadt (Speyer).
Und muss er dann nach Germersheim, dann geht er besser in den Rhein.“

Paul Münch, der bekannte Heimatdichter aus Kaiserslautern, rächte sich mit folgendem Spruch:

„Die Zwoggl driwwe schelten als wie’s Dunnerwetter uff die Palz.
Des esch jo nix wie lauder Neid, denn die sinn dumm un meer sinn g’scheit.“

Harmlos ist der Spruch:

“In der Pfalz denkt man, in München lenkt man.“

Bösartiger wird es, wenn man den angeblichen Ausspruch eines bayerischen Honoratioren zitiert, der bei einem Empfang über den pfälzer Wein gesagt haben soll:

„S’is hoit doch koa Bier neet.“

Dagegen steht die Überzeugung der Pfälzer:

Der Bierstammtisch macht träge, die Weinrunde dagegen beflügelt.

König Ludwig I von BayernEs gab aber auch „Pfalz-Fans“ unter den Bayern, so den sympathischen König Ludwig I. (der mit der Lola Montez), der im mildesten Teil seines Königreichs, wie er sagte, oberhalb von Rhodt sich die Villa Ludwigshöhe erbauen ließ, die er allerdings erst nach seinem Rücktritt (auch wegen besagter Lola Montez) als Ferienwohnung nutzen konnte.

Seinem Sohn Kronprinz Max schenkten die Pfälzer anlässlich seiner Hochzeit die Ruine des Hambacher Schlosses (nunmehr „Maxburg“), gewissermaßen als Versöhnungsgeschenk, nachdem sie sich 1832 beim Hambacher Fest als Rebellen aufgeführt hatten und von der Monarchie nichts mehr wissen wollten.

Für ein zweites Hohenschwangau reichte das Geld nicht

Max II. wollte die Ruine im Stil von Hohenschwangau wieder aufbauen, glücklicherweise ging ihm das Geld aus. Sein Sohn und Nachfolger Ludwig II. hatte keine Bedenken, im rechtsrheinischen Bayern Schlösser auf Pump zu bauen; den Weg in die Pfalz hat er allerdings niemals gefunden.

So ist das Verhältnis Bayern und Pfalz weder ein ausgesprochenes Liebesverhältnis gewesen – manche Historienschreiber der damaligen Zeit stellen es so dar, noch war die Pfalz bayerische Kolonie – wie es von superkritischen Betrachtern gesehen wird.

Deshalb stimmen wir ohne Vorbehalt dem schönen Spruch zu:         Bayern und Pfalz – Gott erhalt’s.

Wir bedanken uns recht herzlich bei unserem Verwandten, Herrn Arnold Frey – Studiendirektor i. R.,
der diesen historisch wertvollen Artikel mit großer Leidenschaft für unsere Homepage schrieb.